Frauengesundheitsbericht 2022: Wichtige Dimensionen fehlen!
„Eine ungeplante und unerwünschte Schwangerschaft ist für viele Frauen eine der schwersten Krisen in ihrem Leben. Sie geht oft mit Schock und enormen Ängsten einher. Professionelle Beratungsstellen wie aktion leben können Frauen in dieser Ausnahmesituation rasch Termine zur Verfügung stellen, um zu stabilisieren und Halt zu geben“, erklärt aktion leben-Generalsekretärin Martina Kronthaler. Dieses für die mentale Gesundheit vieler Frauen wertvolle und wichtige Angebot fehlt im Bericht.
Schwangerenberatung kommt nicht vor
Die außerordentliche Belastung im Leben von Frauen durch eine ungewollte Schwangerschaft wird im Frauengesundheitsbericht nicht angesprochen: „Der Fokus und somit die Antwort auf ungeplante oder ungewollte Schwangerschaft liegt beim Abbruch“, erläutert Kronthaler. „Frauen, die ungewollt schwanger sind, haben unterschiedlichste teils existenzielle Sorgen, Zukunftsängste, fühlen sich in ihrer Beziehung nicht sicher und vieles mehr“, berichtet Kronthaler. „Es sollte selbstverständlich sein, Frauen in der Entscheidungssituation unabhängige und ergebnisoffene Beratung anzubieten.“
Entscheidung von besonderer Tragweite
Beim Schwangerschaftskonflikt gehe es um eine Entscheidung von besonderer Tragweite für das Leben der Frau und natürlich auch für das sich entwickelnde Kind: „Es geht bei einem Schwangerschaftskonflikt immer um die Frau, aber auch um das sich entwickelnde Kind. Diese Dimension mitzudenken, mit vollem Respekt vor der Entscheidungsfreiheit von Frauen, verpflichtet zu besonderen Anstrengungen von Prävention und Unterstützung.“
Politische Agenda statt Sachlichkeit
Beim Thema „Reproduktive Gesundheit“ bleibt der Bericht deutlich hinter der Qualität anderer Themenbereiche zurück: „Hier wird eine politische Agenda verfolgt, eine ganzheitliche Erfassung der Probleme, die Frauen mit einer ungewollten Schwangerschaft haben, ist daher unterblieben“, resümiert Kronthaler.
In einem Brief an die Studienautorinnen benannte aktion leben folgende Kritikpunkte:
- Die Konfliktlagen von Frauen, wenn sie ungewollt schwanger sind, werden ignoriert. Schwangerenberatung als Möglichkeit der Unterstützung kommt nicht vor. Es wird einseitig die Versorgung mit Abbruchmöglichkeiten angesprochen. Damit fehlt der Blick auf Frauen, die sehr mit der Entscheidung für oder gegen das Kind ringen. Etwa die Hälfte der Frauen, die ungeplant schwanger sind, entscheiden sich laut deutscher Studie für das Kind ("frauen leben 3", Studie der bzga 2016)
- Das Thema Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch ist komplex. Umso notwendiger wären daher Zahlen und Daten, die in Österreich aber nicht erhoben werden. Die Abbruch-Statistik wird als „umstritten“ bezeichnet, obwohl die fehlenden Daten von internationalen Gremien wiederholt bemängelt wurden.
- Der Bericht formuliert weiters: „In Österreich sind Schwangerschaftsabbrüche nach wie vor im Strafgesetzbuch verankert.“ Dies unterstellt Handlungsbedarf, ohne die Gründe für die Verankerung im Strafrecht anzuführen. Eine internationale Einordnung würde Österreichs Regelung zum Schwangerschaftsabbruch als liberal zeigen, dieser Vergleich ist aber unterblieben.